„Es gibt nur einen Weg“ – Ein politisch-literarisch-kommentatorisch-titanischer Rückblick als Adventskalender

Im Folgenden finden sich handverlesene Kabinettstückchen aus dem stilprägenden und wortschöpferischen Schaffen einer der schillerndsten Persönlichkeiten der deutschen Verlegerszene. Diesem gelang es regelmäßig (zumindest in jenen güldnen Tagen, als meinereiner die völlig unverdiente Ehre hatte, in der von ihm mit eiserner (wenn auch morgens zitternder) Hand geführten Redaktion zu dienen, aktuelle Ereignisse in einer Weise zu kommentieren, auf die wohl kein anderer je verfallen würde.
So unwahrscheinlich es klingt: Alle Textproben, die sich hinter diesen folgenden „Türchen“ verbergen, wurden von ihrem Hervorbringer, diesem sprachlichen Titanen und vermutlich letzten Universalgenie, tatsächlich so einem vieltausendköpfigen Empfängerkreis zugänglich gemacht. Letztgenannter bedankte und bedankt sich bis heute durch eine Verehrung, die über die Jahre nachgerade kultische Züge angenommen hat.
Treten doch jetzt auch Sie bitte näher und öffnen Sie ein Türchen – denn hinter jedem verbergen sich intellektuelle und sprachpflegerische Leckerbissen!

6.12.
(Standarisierung – aber bitte arisch und ohne japanisches ZEN!)
“Die Kongressmesse xxx Mitte dieser Woche zeigte nun, dass es zwei Lager gibt, die sich unversöhnlich gegenüber stehen. Da sind selbstverständlich einmal die Vertreter der Standarisierungsorganisationen auf europäischer und nationaler Ebene wie ZEN und DIN, aber auch die Kommunalverbände, einige Industrieunternehmen und Verbände wie der Bikom.” [sic]
“Auf der anderen Seite stehen die politischen Praktiker, die als Staatssekretäre oder Chefs von großen öffentlichen IT-Unternehmen sich „vor Abscheu schütteln“, wenn sie von weiteren und neuen Standards hören. Zu viele Standards seien gekommen und auch wieder gegangen, sodass man sich an manche gar nicht mehr erinnere. […] Am Ende des Kongresses war nach wie vor die Frage nach der Notwendigkeit einer nationalen Standarisierungsstrategie offen. […] Was wir brauchen ist ein Staats-DIN!”

07.12.
(Ein gewieftes Go/Gobang-As kennt den Weg:)
“Es gibt nur einen Weg: Deutschland – GO online!”

08.12.
(Der Kommentator wächst über sich selbst hinaus und analysiert selbst das normalmenschlichem Verstand nahezu Unzugängliche:)
“Der Hinweis sei an dieser Stelle erlaubt: Eine Zersplitterung der kreativen Kräfte zum jetzigen Zeitpunkt würde dem Vorhaben einer Etablierung einer E-Government-Wissenschaftsrichtung in Deutschland nicht helfen.”

09.12.
(Des Kommentatoren Kristallkugel ist … verschmiert)
“Der wahrscheinliche Wirtschaftsminister Edmund Stoiber könnte dies für sein Ressort reklamieren, zumal es sich für öffentlich wirksame Maßnahmen eignet, plakative Aktionen ermöglicht.”

10.12.
(Warum nicht gleich “Penisex”?)
“Mit Einführung der NATO Reaction Forces und der EU-Battlex-Groups, beides unter starker deutscher militärischer Beteiligung, werden Instrumente geschaffen, die es sowohl der NATO wie auch der EU (Beschluss auf Ministerratsebene) ermöglichen militärische Einsätze ad hoc zu initiieren.”

13.12.
(Investigative Journalism at its very best: dem Filz die Maske heruntergerissen!)
“Doch nun kommt ein nach Korruption riechendes System immer mehr ans Tageslicht. So ist vor wenigen Tagen das Exekutiv-Mitglied des Fußballweltverbandes aus Botsuana, Ismail Bhamjee, britischen Reportern auf den Leim gegangen, als er nur (?) sieben Karten für den Schwarzmarkt zum doppelten Preis verhökerte. Sein Verdienst hätte immerhin 2.400 Euro betragen. Experten gehen davon aus, dass jedes Exekutiv-Mitglied der FIFA über ein persönliches Kontingent von 760 Karten verfügt, das ist also die Währung mit der die Herren Fußballfunktionäre in Deutschland teilweise zu zahlen gedenken. Das kann kaum überraschen, denn bereits vor Monaten wurde der FIFA-Funktionär Jack A. Warner aus Trinidad/ Tobago überführt. Er wollte gleich 10.000 Karten in den internationalen Schwarzhandel bringen. Sind das Ausnahmen? Wirft man einen Blick auf die Schweizer Zentrale der FIFA, welche sich wenig schön, aber dafür protzig in jeder Hinsicht präsentiert, fällt einem schwer, nicht an ein System zu glauben.”

14.12.
(Der Kommentator will irgendwie eine Botschaft durchwinken)
„Doch irgendwie munkelt man im politischen Berlin, dass das Bundespräsidialamt in Anbetracht der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen seine Zentrale in der Schweiz die Angelegenheit nicht nur einfach „durchwinken“ will. Kenner solcher Vorgänge interpretieren die derzeitige Situation mit der Bemerkung, es wird „auffällig lange geprüft“. Wir schlagen daher von dieser Stelle den zuständigen Mitarbeitern im Bundespräsidialamt (seiner Form in Berlin wegen auch „Ei“ genannt) vor, jeweils einen freiwilligen Helfer der Hilfsorganisationen sowie Mitarbeitern von Polizei, Feuerwehr, THW, Bundeswehr und all den anderen Organisationen ein Bundesverdienstkreuz für ihren Einsatz während der WM zu verleihen.“

15.12.
(Der Kommentator geht hart, aber sprachlich elegant mit Geschichtsklitterung ins Gericht)
“Das ist dumm, verwerflich, ja abscheulich. Bei der Olympiade 1936 – Abschlussveranstaltung seinerzeit wie WM-Finale 2006 im Olympiastation in Berlin – herrschten doch andere Voraussetzungen.”

16.12.
(Der Kommentator zeigt klassische Bildung und teilt für seine Leser die Wogen der Märkte und Marktgesetze)
“Doch die deutsche Bundesliga ist da ja bei weitem nicht von frei. Auch hier werden althergebrachte „Gesetze“ der Vermarktung auf den Kopf gestellt. So tragen die Fußballstadien, die man heute Arenen nennt und damit an die römischen Gladiatorenkämpfe erinnert, nicht mehr den Namen ihrer Orte, Vereine oder erinnern an große Spieler, sondern sind nach Firmen benannt, die Millionen dafür hinblättern. Nehmen wir mal das Beispiel AOL-Arena in Hamburg. Die ständige wiederholte Nennung des Arenennamens AOL müsste eigentlich den Rundfunkanstalten und Zeitungen seitens der Firma Geld einbringen, doch die Sache verhält sich mittlerweile kurioserweise umgekehrt. So müssen auch regionale Radiosender, die im Hamburger Stadion über Bundesligaspiele berichten, für die Nutzung des Stadions zu Übertragungszwecken Gebühren an den Stadionbetreiber bezahlen! Die TV-Anstalten schlagen sich schon längst darum Hunderte von Millionen an die Bundesliga zu bezahlen, damit sie in ihren Bildern ständig Banden- und Trikot-Werbung zeigen dürfen. […] Es handelt sich also um ein völlig kommerzielles privat veranstaltetes in sich geschlossenen Geldkreislaufsystem. Kommunen und selbst arme Bundesländer, deren Kassen für die nötigsten Ausgaben für Bedürftige und eigenes Personal nicht mehr reichen, unterstützen überflüssiger Weise zudem durch gigantische Subventionen in der Infrastruktur dieses System.”

17.12.
(Der Kommentator hat sich gar ZEN sowie die Mentalität arabischer Völker zutiefst anverwandelt)
“Nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ verfährt derzeit die Politik in Sachen Föderalismusdiskussion. Da wurde mühselig und zum Schluss wie auf einem arabischen Markt ein Paket geschnürt, das bei näherer Betrachtung mehr Fragen aufwirft als es überhaupt Antworten geben kann, vielleicht aber auch geben will.”

18.12.
(Dem Kommentator strömt die Grammatik über)
“Genau so ist es dem Hochwasser egal, ob es in sächsische Landschaften oder niedersächsische Altstädte fließt. Was ist also auf der einen Seite durch Handlungsfähigkeit im Sinne von einfacherem Regieren gewonnen, wenn faktisch auf der anderen Seite die Handlungsfähigkeit zu einem effektiven Einsatz der Sicherheitskräfte zum Schutz von Leib, Leben und Eigentum der Bürger nicht handlungsfähiger, sondern eher weniger handlungsfähig wird.”

19.12.
(Der Kommentator produziert Sicherheit und schafft es gleichzeitig, schier unerträgliche Spannung zu schüren)
“Doch es geht um den Kernauftrag, nämlich bei neuen Bedrohungsszenarien Sicherheit effizient und effektiv zu produzieren! Mit Interesse bleibt nun abzuwarten, was über die einzelnen Fachministerkonferenzen von Bund und Ländern dann tatsächlich im Juni auf die Tagesordnung der Sitzung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin kommt.”

20.12.
(Der Kommentator entlarvt für Normalsterbliche nur schwer erkennbare Unterschiede)
“Wichtiger für die Innere Sicherheit und den Katastrophenschutz waren aber die Ereignisse am 11. September 2001 in den USA. Asymmetrischer Krieg auf eigenem Territorium, nicht durch einmarschierende Truppen, die in Reih und Glied und Uniformen mit Dienstgradabzeichen daherkommen, sondern durch anonym und unauffällig eingereiste Terroristen.”

21.12.
(Die Katastrophe kennt sich freilich nicht aus – der Kommentator hingegen…)
“Es sollen ABC-Task Forces nach thematischen und geographischen Schwerpunkten aufgestellt werden. Dies kann man nicht nach Ländergrenzen ordnen, weil eben die Katastrophe diese gar nicht kennt, geordnet werden sollen diese Task Forces aber in verschiedene Szenarien, die sie bekämpfen können wie z.B. Chemie-Unfälle oder auch „schmutzige Bombe“.” […] Es bleibt zu hoffen, dass die Naturkatastrophe Vogelgrippe und besonders ihre anfängliche organisatorische Bekämpfung einen Eindruck hinterlassen hat. […] Vielleicht, so bleibt zu hoffen, steht am Ende der Diskussion ums Geld, denn an Einsicht wird’s nicht fehlen, eine Neufassung des Zivilschutzgesetzes, so wie es alle Innenminister bereits im Jahr 2002 gemeinsam beschlossen haben.”

22.12.
(Der Kommentator ist ein Meister des gewagten Bildes)
“[…] nimmt die Debatte um den Einsatz der Bundeswehr zur WM 2006 die Gestalt einer Geisterdebatte an. Es scheint, dass 22 Spieler auf dem Feld mit 22 Bällen gleichzeitig kicken, doch kein Tor in Sicht ist. Die Sachlage bleibt einfach und kompliziert zugleich: die Bundeswehr wird zur WM Sicherheitsdienstleistungen erbringen, aber nicht geplant zum Einsatz kommen.”

23.12.
(Der Kommentator ruft sich selbst zur Ordnung)
“Doch zurück zur Problematik: allein dem englischen WM-Team werden 20.000 Fans folgen, die keine Eintrittskarte zu einem Spiel haben. Das ist nur eines von vielen Sicherheitsproblemen.”

24.12.
(Obacht an der frischen Luft ist nicht nur zur heil‘gen Nacht und nicht nur beim Absingen von Weihnachtsliedern geboten, denn der Kommentator weiß:)
“Bei einem Blitzschlag werden große Energiemengen freigesetzt, die Temperatur erreicht bis zu 30.000 Grad Celsius. Wenn ein Menscss die Elektrizität verteilt und in die Erde geleitet wird, ohne in den Körper einzudringen.”

Danke an R. Uwe Kurzgesagt vom Blödenspiegel (der wahre Name ist der Redaktion bekannt) für diese Kalendertürchensinnsprüche.

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